„Von allen Dingen stehen die einen in unserer Macht, die anderen nicht. In unserer Macht stehen Annahme, Antrieb zum Handeln, begehren, meiden, mit einem Wort alles, was unser Werk ist. Nicht in unserer Macht stehen Leib, Besitz, Ansehen, Stellung, kurz alles, was nicht unser Werk ist.
Was in unserer Macht steht, ist von Natur aus frei, kann nicht verwehrt oder gehindert werden. Was nicht in unserer Macht steht, ist kraftlos, unfrei, kann verwehrt werden und gehört zu einem anderen.“
Epiktet (Handbuch I, 1–2)
Das ist wohl eines der wichtigsten Konzepte der Stoiker – vor allem Epiktets. Epiktet war ein ehemaliger Sklave. Doch obwohl er in für uns heutzutage zum Glück unvorstellbarer Abhängigkeit leben musste, fand er wohl Freiheit. Auch und vor allem in der stoischen Philosophie, die er irgendwann lernen durfte. Dadurch wurde er zu einem der bedeutendsten Lehrer der Philosophie und inneren Freiheit, der uns heute noch, nach zweitausend Jahren, Wertvolles beibringt.
Wollten wir es nur hören, annehmen und praktizieren.
Die ersten zwei Punkte sind im Vergleich noch leicht. Beim Praktizieren wird es für viele schon schwieriger. Das Ego-Verstandeszeug, das immer recht haben und andere ins Unrecht setzen will, und unsere Konditionierung als abhängige Befehlsempfänger machen es schwierig.
Mein Verstandeszeug ist manchmal völlig wahnsinnig. Etwas geschieht, jemand anderes tut oder sagt etwas und all dies wird in Gedanken tagelang wiedergekäut. Wieder und wieder. Fantasiegespräche, Rachefantasien und immer wieder das erneute Abspulen der Situation im Kopf. Vollkommen gaga. Je mehr ich versuche, das loszuwerden, desto schlimmer wird es. Dies nur als ein Beispiel, wie Gedanken einen beherrschen können. Wie geht es dir damit?
Viele hängen an ihrer Position, ihrem Besitz – ja sogar an ihrem Partner und an Familienmitgliedern hängen sie und degradieren sie damit in den Stand des Besitzes. Tatsächlich gibt es nichts, was uns gehört. Ja sogar unser Körper gehört nicht uns, wir haben oft kaum Kontrolle über ihn. Sicher können wir durch unser Denken, Fühlen und Verhalten Einfluss nehmen. Aber nach den Stoikern ist es ein Akt des Wahnsinns, zu versuchen, eine Krankheit zu kontrollieren.
Ich „weiß“ mittlerweile, dass wir tatsächlich viel mehr Kontrolle – oder zumindest Mitspracherecht – haben, als die meisten annehmen.
Den Stoikern geht es mehr darum, im Jetzt nicht gegen etwas zu kämpfen, worüber wir keine direkte Kontrolle haben. Als Nicht-Anhaften würden Buddhisten diese Haltung wohl bezeichnen. Wenn zum Beispiel etwas gestohlen wird, sagen sie: „Ich habe es sowieso nur verwaltet, jetzt ist es wieder zurückgegeben.“ Ansehen weg? „Geht mich nichts an“, sagt Epiktet dazu. Gegen was kämpfst du noch, worüber du keine Kontrolle hast?
Wie könntest du deine Zeit und deine Energie besser nutzen?