Schon ein kleiner Riss in einem Damm genügt, um eine Flut auszulösen. Schon bald bricht der Damm und alles Wasser ergießt sich ins Tal, ins ausgetrocknete Flussbett. So ist es auch mit dem Anfangen.
Anfangen ist wahrlich eine magische Sache.
Ich habe bereits darüber geschrieben. In diesem Text schauen wir uns das Anfangen unter einem bestimmten Blickwinkel noch einmal an. Der Blickwinkel, die Linse, mit der wir das Beginnen betrachten, ist: Was, wenn es einfach zu viel erscheint? Was, wenn mein Ziel, mein Problem so übermächtig erscheint, dass ich mich überfordert fühle und schon das Anfangen als unmöglich betrachte?
Ich kenne das gut. Als ich nach zwei Jahren schwerer Krankheit als Selbstständiger nichts mehr hatte außer Schulden und sehr hohen monatlichen Fixkosten, arbeitete ich anschließend 3–4 Jahre im Vollzeit-Schichtjob und in meiner eigenen Praxis, um das alles abzuzahlen.
Das führte mich für weitere drei Jahre in eine Art Burn-out-Depressionszustand. In dieser Phase ging ich (meistens) noch arbeiten. Ich brach jedoch zusammen, sobald ich zu Hause war. Selbst kleinste Aufgaben waren zu viel, ich lebte über lange Strecken wie ein Messie. Selbst heute spüre ich noch Nachwirkungen, wenn zu viele oder zu große Aufgaben auf mich zukommen. Dann möchte ich mich abwenden und den Kopf in den Sand stecken.
Was also tun?
Mir hilft es enorm, die Hemmschwelle zu entfernen.
Das habe ich auch in meiner Blogpostserie „Neue Gewohnheiten, neues Leben“ beschrieben. Aber es lässt sich nicht nur auf das bewusste Erschaffen neuer Gewohnheiten anwenden.
Du kannst es auch gut auf Problemlösungen und das Erledigen deiner Aufgaben anwenden. Wenn sich zum Beispiel die Rechnungen zu stapeln beginnen und jede, die dazukommt, es scheinbar noch schwieriger macht, sich überhaupt damit zu befassen, dann hilft es, sich auf die kleinste Tätigkeitseinheit zu reduzieren.
Heute zahle ich eine Rechnung (die dringendste, würde ich empfehlen).
Entferne die Hemmschwelle aus den Aufgaben oder dem Problemlösungsansatz.
Wir haben oft eine seltsame Einstellung zu solchen Dingen. Es scheint uns nichts wert zu sein, etwas Kleines zu tun. Oder wenig. Oder es unzureichend – sprich: schlecht – zu tun. Aber genau das würde oft Erleichterung bringen. Das würde oft den Stein ins Rollen, die Energie zum Fließen bringen. Denn wenn du dich erst einmal eingeloggt hast, beginnst du vielleicht auch die zweite Rechnung zu zahlen.
Achtung, Gefahr hier: Wende das nicht als Trick an, um dich selbst zu übertölpeln. Wende es nicht mit dem Hintergedanken an, alle Rechnungen zahlen zu wollen oder zu müssen. Hintergedanken sind praktisch nie gut. Halte es echt. Eine Rechnung ist genug. Sobald du sie gezahlt hast, hast du einen Erfolg erzielt. Sollte selbst das zu viel erscheinen, reduziere weiter. Entferne die Hemmschwelle. Im Zweifel machst du es zum Ziel, dich einfach nur ins Online-Banking einzuloggen.
Das macht für unseren bewussten Verstand auf den ersten Blick wirklich keinen Sinn. Aber im Anfangen liegt wirklich Magie. Probiere es aus, das nächste Mal, wenn du etwas erreichen, erschaffen, erledigen oder lösen willst.
Also noch mal, falls das am Ende des letzten Abschnitts nicht klar genug geworden ist: du musst in dir die Einstellung erzeugen, dass es wirklich okay ist – ERFOLG ist –, wenn du heute nur eine Rechnung zahlst!
Jeglicher Hintergedanke, dass du dich damit austricksen willst, dass du dann doch alle 15 Rechnungen auf einmal zahlen willst oder „musst“, wird das ganze geniale Vorgehen aushebeln. Du fängst an eine Rechnung zu zahlen, zum Beispiel – und wenn du es nicht fließen spürst, hörst du auf und eine Rechnung war für heute gut genug. Es muss dir ernst sein, dir diese Freiheit zu gönnen.
Halte es echt.
Das ist kein Trick und keine Abkürzung. Wenn selbst „eine Rechnung zahlen“ zu viel erscheint, dann reduziere es weiter. „Heute logge ich mich nur ein ins Online-Banking, das ist gut genug.“
Im Zweifel erlaube dir weniger, kürzer, schlechter.
Das Ergebnis weniger ernst nehmen und den Fokus aufs Jetzt legen. Mehr Wert darauflegen, was du jetzt tust, als auf das, was es später hervorbringt. Finde die kleinstmögliche (positive) Aktion und tue es, egal, ob du Lust hast oder ob du motiviert bist oder inspiriert.
Diese drei Begriffe kannst du getrost zur Seite schieben. Du musst sie nicht mehr beachten. Sie lügen und sie täuschen dich nur.
Anfangen, ganz gleich, wie du dich fühlst, ist eine der mächtigsten Einstellungen, Gewohnheiten und Handlungen, die es gibt.
Dann schauen wir nur auf diesen Tag – ach, was sage ich, nur auf diesen Moment. Nur heute die Aktion ausführen, dann, wenn morgen wieder jetzt ist, noch mal: nur heute zählt, nur jetzt zählt.
Mache das oft genug in Folge und immer wieder, dann hast du bald eine lebenslange ermächtigende Gewohnheit daraus gemacht, zu der es dich immer wieder hinzieht. Aber Achtung noch mal: Das ist nicht der Hintergedanke – denn die Zukunft, und was in ihr geschieht, kontrollieren wir nicht.
Wir kontrollieren nur unseren Punkt der Macht, das Jetzt.
Darauf konzentrieren wir uns.
Jetzt fange ich an. Jetzt tue ich das.