Wie ich an anderer Stelle bereits geschrieben habe, wirst du wahrscheinlich irgendwann in deiner Queste, ein besserer Mensch durch bessere Gewohnheiten zu sein, vom Weg abkommen.
An diesem Punkt hast du die Wahl. Wieder einmal.
Du kannst dich in Scham- und Schuldgefühlen wälzen und dich selbst fertigmachen, weil du „nicht einmal dieses klare System zur Änderung“ einhalten kannst. Das hilft jedoch nicht. Schuld- und Schamgefühle haben noch nie irgendetwas zur Selbstverbesserung beigetragen. Sie verhindern, mit Beihilfe von Selbstverurteilung, das Lernen.
Du könntest auch anerkennen, dass du es mit jahrelangen – bei mir jahrzehntelangen – Gewohnheiten und Selbstbildern zu tun hast. Wie wahrscheinlich ist es, dass eine 30 Jahre währende Alkoholtrink-Gewohnheit in den ersten 3 Monaten mit neuem System verschwindet? Ausgerechnet im schönsten Sommer seit langem an einem Ort mit wundervollen Cafés auf einem schönen Altstadtplatz, an dem ich mich jeden Tag wie in den Ferien fühle. Ja, dieses Beispiel kommt von mir persönlich. Ferien, mehrere Besuche von alten Freunden – und schon sind die geplanten und getrackten Ausnahmen weg. Autsch. Was jetzt? Mich beschimpfen und niedermachen?
Oder anerkennen, dass es um mehr geht? Was hilft hier?
Meine Erfahrung mit anderen Themen (wie Geld) zeigt, dass Tracking alleine bereits hilft. Tracking bedeutet, das eigene Tun und die Ergebnisse zu verfolgen und aufzuzeichnen, um sie bewusst zu machen. Tracking hält das Bewusstsein auf dieser Sache, die man ändern will. An diesem Punkt geht es für mich also darum, ein Ergebnis zu erzeugen, an dem ich mich messen kann. Also braucht es das Bewusstsein, alles aufzuzeichnen, was mit dem gewählten Thema zu tun hat.
Du hast hier die Wahl. Einen Neustart mit zurückgesetztem Stand von erlaubten Ausnahmen. Einfach den Timer zurücksetzen und den nächsten Jahreszyklus der Umerziehung neu starten. „Das ist doch Schummeln!“ Nochmal: Wer macht die Regeln in deinem Spiel der Lebensumwandlung (TRANSFORMATION) und deines Erfolges?
Zweite Möglichkeit, einfach weiter tracken, damit du einen Ausgangspunkt für das nächste Jahr hast. Dieses Jahr hast du 250 von 365 Tagen Nüchternheit, klar aufgezeichnet ‒ schwarz auf weiß. Davon ausgehend kannst du den Erfolg für den nächsten Zyklus messen. Das langfristige Ziel sollte totale Umerziehung sein. Um im Beispiel zu bleiben, Umerziehung zu vollkommen nüchternem Leben.
Die Wiederverpflichtung und das ewige Spiel – sprich Geduld – sind sehr wichtige Konzepte in meinem System. Viele Verheiratete meinen, mit dem Hochzeitstag ist das mit der Verpflichtung abgehakt. Die bewussteren und erfahreneren Verheirateten lachen natürlich über so viel Tollheit.
Verpflichtung ist kein einmaliges Ereignis, wie jedes Jahr Millionen zu Neujahr denken. Durch diesen Denkfehler bekommen sie nach 2–3 Wochen von ihren alten Gewohnheiten den Arsch versohlt. Verpflichtung ist ein Prozess. Manchmal wirst du es vielleicht für zwei Wochen – wie ich zuletzt – vergessen. Wie ein neutraler Beobachter und Berater kannst du es feststellen. Dich dann einfach wieder neu verpflichten, ohne Drama. Du bist nicht mehr in der Schule, bekommst keine Noten und kannst nicht sitzen bleiben.
Das ewige Spiel, Geduld.
Ich will keine Diät machen. Ich will eine langfristige Umerziehung erreichen. Also bleibe ich einfach dran, wie ein steter Tropfen, der den Stein höhlt. Geduldig, ohne Drama, unnachgiebig. Wenn du gestolpert bist, einfach wieder aufstehen, abstauben, neu orientieren und weitergehen.
